Digitale assets sind eine herausforderung
Als global agierender Anbieter von Asset Services ist auch Société Générale Securities Services in der Schweiz an vielen Fronten gefordert, so auch im technologischen Bereich. Die B2BRedaktion unterhielt sich mit Laurent Marochini, Head of Innovation bei Société Générale Securities Services, über die Herausforderungen mit digitalen Assets und Währungen, wobei auch regulatorische Aspekte angesprochen werden.
Laurent Marochini, sprechen wir eingangs über die digitale Transformation.
Gerne. Die digitale Transformation ist eine Notwendigkeit, der sich Unternehmen nicht nur im Finanzsektor, sondern auch in der Dienstleistungsindustrie allgemein stellen müssen. Ihr Ziel besteht darin, die Kundenzufriedenheit durch die Entwicklung besser geeigneter Produkte zu erhöhen. Sie ermöglicht schnelle Innovationen, Kostensenkungen, Effizienzsteigerungen und eine leistungsstarke Datenverarbeitung. Die digitale Transformation muss von den Unternehmen angenommen werden, um wettbewerbsfähig zu bleiben, bietet aber auch die Möglichkeit, Anteile an neu entstehenden Märkten zu gewinnen.
Welche Unternehmensstrategien sehen Sie diesbezüglich im Markt?
Finanzinstitute haben die Wahl zwischen «Build/Buy» und «Partnering» oder einer Kombination aus beiden. Um in dieser neuen Welt voranzukommen, haben einige Anbieter von Asset Services mit Fintechs zusammengearbeitet, welche ihrerseits Talente aus dem Finanzsektor angezogen haben, die nach unternehmerischen Herausforderungen suchen. Wir sprechen hier nicht von einem Kampf um Talente, sondern von einer Weiterentwicklung der Mitarbeiter-Profile mit Blick auf Soft Skills und digitale Fähigkeiten.
Was denken Sie: Braucht es mehr Regulierung im Bereich der Digital Assets?
Regulierung ist notwendig; in Europa wird sie wohl mit dem DLT Pilot Regime kommen. Für Kryptowährungen und Stablecoins wird die entscheidende MiCA – die «Markets in Crypto-Assets»-Regulation – wahrscheinlich bis Ende 2024 verabschiedet und implementiert. Auch Knowhow wird verhindern, dass Assets zu Plattformen wie Terra Luna wandern, die kein Abwehrdispositiv aufweisen und bei Problemen rasch untergehen. Hier sind Regulierung und Risikobewertung der Schlüssel.
Welche Auswirkungen wird die MiCADirektive in der EU zeitigen?
MiCA ist sehr wichtig, weil es uns mehr Klarheit darüber verschafft, wie wir Kryptowährungen, Utility Coins, Stablecoins usw. verwalten können. Mit ihr lassen sich endlich transformative Projekte umsetzen. Ich bin der festen Überzeugung, dass die Regulierung ein starker Aktivposten ist, der vor allem im Anlagesegment für Vertrauen sorgen wird. Sie ist der Schlüssel zur Institutionalisierung von Kryptowährungen und entsprechender Marktteilnehmer.
Welche Vorteile bzw. Risiken bieten digitale Assets institutionellen Anlegern, die sie in anderen Anlageklassen nicht finden?
Wir beobachten in der Welt der Tokenisierung von Finanzanlagen, dass wir einen stärker industrialisierten Prozess benötigen, um alle Vorteile zu validieren. Der erste Aspekt bei der Tokenisierung von Finanzanlagen ist die Kostenreduktion bei der Ausgabe und Zertifizierung von Transaktionen dank intelligenter Verträge, der so genannten «smart contracts». Laurent Marochini Head of Innovation bei Société Générale Securities Services und Blockchain Leader für die Schweiz und die gesamte Gruppe.
Sehr oft hört man die Aussage «Wir werden diesen illiquiden Vermögenswert tokenisieren, wodurch er liquid wird».
Das stimmt so leider nicht immer, geht aber schon in die korrekte Richtung. Heute sprechen wir oft noch von T+2 oder gar T+3, aber in der digitalen Welt kann es eine Frage von Minuten sein. Die Tokenisierung von Finanzanlagen wird einen neuen Vertriebsweg eröffnen und sicherlich für mehr Liquidität auf der Seite der Privatmarktanlagen sorgen.
Über Blockchain wurde schon viel geschrieben. Lassen wir die Energiefrage – Proof of Work versus Proof of Stake – mal aussen vor. Wo sehen Sie positive Aspekte bei Kryptowährungen?
In einer Welt, in der mehr als eine Milliarde Menschen keine Bankkonten haben, können Kryptowährungen eine Lösung sein, um sie in Zahlungskanäle zu integrieren. Da die Transaktionen automatisiert und kostengünstig sind, tragen sie zur Mikrofinanz bei. In einigen Schwellenländern kann dies ein Game-Changer werden. Kurz gesagt: Blockchain kann für mehr finanzielle Inklusion sorgen.
Sehen Sie Gefahren beim Aufbau der Infrastrukturen?
Wir sollten vermeiden, eine alte Welt in einer neuen Welt aufzubauen und die gleichen Fehler zu machen, die wir in der Vergangenheit gemacht haben, als parallel verschiedene Infrastrukturen entwickelt wurden, die untereinander nicht kompatibel sind. Wir müssen nun bloss die einfachste und sicherste Infrastruktur finden. Heute wollen alle ihre eigene Blockchain schaffen. Aber wenn wir Hunderte von Blockchain-basierten Dienstprogrammen aufbauen, wird das keinen Sinn machen. Wir sehen leider bereits die Tendenz zur Individualisierung und Isolierung.
Schauen wir gegen Ende noch auf die Aktualität. Ihr Haus hat unlängst in Frankreich den ersten Fonds für CryptoWährungen lanciert.
Die Société Générale unterstützte Arquant Capital bei der Auflegung des ersten regulierten Krypto-Fonds im September 2022. Mit Blick auf die Art der Risiken werden Programme zur Cybersicherheit elementar sein. Es ist daher von Vorteil, sich für Kryptobörsen und Custodians zu entscheiden, die von lokalen Regulatoren beaufsichtigt werden. Das Risikomanagement und die Kompetenz der Teams bilden die Grundvoraussetzungen für die Zulassung.
Lassen Sie uns zum Schluss doch noch kurz den Blick in die Zukunft richten. Welche wichtigen Entwicklungen sehen Sie in den nächsten 1-2 Jahren?
Ich bin der festen Überzeugung, dass die Tokenisierung von Finanzwerten sowie realen Vermögenswerten in naher Zukunft ein Schlüsselthema sein wird. Nehmen wir das Beispiel eines Autos: Wenn Sie es fahren wollen, brauchen Sie Treibstoff bzw. Energie. Wenn Sie die Blockchain und die Tokenisierung nutzen wollen, brauchen Sie eine «Money-on-Chain»-Lösung, wodurch eine Wholesale CBDC – also eine digitale Zentralbankwährung, welche ausschliesslich Geschäftsbanken und anderen Finanzinstitutionen wie Versicherern zur Verfügung steht – die Akzeptanz fördert. In einer futuristischeren Vision sehen einige Fonds auch das Metaversum, um das Asset Management weiterzuentwickeln und mit der gesellschaftlichen Revolution Schritt zu halten. Mit über 3.2 Milliarden an Gamern weltweit ist es schwer, dieses Phänomen zu ignorieren, auch wenn wir heute erst am Anfang der Geschichte stehen...
"Risikomanagement und zielgerichtete Fähigkeiten sind von grundlegender Bedeutung, um Kryptowährungen zu einer nachhaltigen Anlageklasse in der Vermögensverwaltung zu machen."
Laurent Marochini, Head of Innovation, Societe Generale Securities Services Luxembourg
Artikel veröffentlicht im B2b-Magazin im April 2023.